Eine deutliche Anhebung der Eingliederungsleistungen für Hartz-IV-Bezieher fordert der Paderborner Diözesan-Caritasdirektor Josef Lüttig. Das Budget für diese Leistungen sei von der Bundesregierung in den vergangenen Jahren radikal zusammengestrichen worden, kritisiert Lüttig, der auch Vorsitzender des Ausschusses Arbeit/Arbeitslosigkeit der Freien Wohlfahrtspflege in Nordrhein-Westfalen ist. „Es muss verhindert werden, dass erwerbsfähige Hartz-IV-Bezieher dauerhaft von der Gesellschaft abgehängt werden.“
In ihrem aktuellen Arbeitslosenreport NRW verweist die Freie Wohlfahrtspflege auf die drastischen Kürzungen bei den Eingliederungsleistungen, also den Mitteln für arbeitsmarktpolitische Maßnahmen für Hartz-IV-Bezieher. Standen dafür 2010 noch 1,47 Milliarden Euro zur Verfügung, waren es 2013 nur noch 850 Millionen Euro, die in den vergangenen zwei Jahren nur geringfügig erhöht wurden. Insgesamt sind in Folge dieser bundespolitischen Weichenstellung die Ausgaben für Leistungen zur Eingliederung in Arbeit in NRW von 2010 bis 2015 um 35 Prozent zurückgefahren worden.
Dabei sind in den Kreisen und kreisfreien Städten im Erzbistum Paderborn leichte regionale Unterschiede beim Rückgang der Eingliederungsleistungen auffällig: Während in eher ländlichen Gebieten ein überdurchschnittlicher Rückgang zu verzeichnen ist (Kreis Höxter: minus 51 Prozent), liegt er in den städtischen Regionen leicht unter dem Durchschnitt (niedrigster Rückgang in Hamm mit minus 27 Prozent). Insgesamt ist aber in allen Kreisen und kreisfreien Städten des Erzbistums ein drastischer Rückgang zu verzeichnen, der mit durchschnittlich minus 37 Prozent leicht über dem Landesdurchschnitt liegt.
Zusätzlich verschärft wird die Unterfinanzierung von arbeitsmarktpolitischen Förderangeboten dadurch, dass von den noch vorhandenen Mitteln immer weniger für den eigentlich vorgesehenen Zweck eingesetzt werden. Denn die Jobcenter stopfen seit Jahren Löcher in ihrem Verwaltungsetat mit Geld, das ursprünglich für Eingliederungsleistungen vorgesehen war. Grund: Auch der durch den Bund finanzierte Etat der Jobcenter reicht nicht aus. Er wurde in den vergangenen Jahren nicht an die Lohn- und Preisentwicklung angepasst. 2015 erreichte diese Umschichtung zwischen den Budgets in NRW einen erneuten Höchstwert: Mit rund 155 Millionen Euro verwendeten die Jobcenter 16 Prozent des Eingliederungsetats für andere Zwecke, z. B. ihre eigenen Personal- und Sachkosten. Von den 950 Millionen Euro, die für Leistungen zur Eingliederung in Arbeit zur Verfügung standen, wurden 2015 tatsächlich nur 795 Millionen auch dafür genutzt.
Diese Umschichtungen finden auch in den Kreisen und kreisfreien Städten des Erzbistum Paderborns statt. Durchschnittlich 18 Prozent der Leistungen, die eigentlich für die Eingliederung in Arbeit vorgesehen sind, werden dort für die Verwaltung zweckentfremdet. Im Kreis Soest sind es sogar 31 Prozent. „Jobcenter müssen in die Lage versetzt werden, die tatsächlichen Ausgaben für Verwaltungskosten durch eine transparente und faire Erhöhung der Zuweisung aus dem Bundeshaushalt decken zu können“, fordert Josef Lüttig.
(Zahlen zu allen Kreisen und kreisfreien Städten in NRW unter www.arbeitslosenreport-nrw.de)
Hintergrund „Arbeitslosenreport NRW“:
Die Wohlfahrtsverbände in NRW veröffentlichen mehrmals jährlich den „Arbeitslosenreport NRW“. Darin enthalten sind aktuelle Zahlen und Analysen für Nordrhein-Westfalen; Basis sind Daten der offiziellen Arbeitsmarktstatistik der Bundesagentur für Arbeit. Jede Ausgabe widmet sich einem Schwerpunktthema. Hinzu kommen Kennzahlen zu Unterbeschäftigung, Langzeitarbeitslosigkeit und SBGII-Hilfequoten, um längerfristige Entwicklungen sichtbar zu machen. Der Arbeitslosenreport NRW sowie übersichtliche Datenblätter mit regionalen Zahlen können im Internet unter www.arbeitslosenreport-nrw.de heruntergeladen werden. Der Arbeitslosenreport NRW ist ein Kooperationsprojekt der Freien Wohlfahrtspflege NRW mit dem Institut für Bildungs- und Sozialpolitik (IBUS) der Hochschule Koblenz. Ziel der regelmäßigen Veröffentlichung ist es, den öffentlichen Fokus auf das Thema Arbeitslosigkeit als wesentliche Ursache von Armut und sozialer Ausgrenzung zu lenken, die offizielle Arbeitsmarkt-Berichterstattung kritisch zu hinterfragen und dabei insbesondere die Situation in Nordrhein-Westfalen zu beleuchten.